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Konzert am 29. Juli 2023

in der mitte des sommers

Vollkommens ist’s
wie der sommer sich über die dämmerung beugt
An dünnen ästen makellose vogelbeeren
und außerhalb des gewichts der zeit
Der august so nah wie die distel am weg
Die tage um einen fußbreit kürzer
Unter zerbrechlichem stern bruchstückhafte gespräche
Noch glauben wir’s einander nicht
daß aus dem nahen dickicht
der herbst tritt
Immerzu liegen die bäume vor anker
in wurzeln wie glocken
Sicherheit überkommt
Und wunderschön das überflüssigsein der klage

JAN SKÁCEL (1922 -1989)

Konzert am 12. Dezember 2015

Adventrede

Jesse Thoor
Und die Bewegtheit des Herrn ist ohne Groll und von großer Dauer.
Und seine Gerechtigkeit hört nicht auf, und seine Güte bleibt ewig.
Und darum entfernen wir gern die Bitterkeit, wie ein enges Gewand.
Und die Trauer legen wir ab, wie einen Mantel in Frühling.

Und mit viel Sorgfalt nehmen wir die Einsamkeit von unserer Stirn.
Und wir weisen unsere Aufmerksamkeit hin zu den einfachen Dingen.
Und wir verlassen uns auf das Dach, das keinen Regen durchlässt.
Und wir vertrauen dem Stuhl, der fest steht, und der uns trägt.

Und es kommen wieder zu uns die täglichen Wiesen und die Sonntage.
Und die Salamander mit den seidenen Strümpfen und goldenen Hemden.
Und auch die Lämmer und die Zicklein … meine gnädigen Freunde.

Und die Lieder der Hirten … und die Gebete der erwachenden Frauen.
Und es brechen die Tore auf … und es treten hervor die Erkennbaren.
Und sie stehen makellos da … und sie breiten ihre Flügel aus.