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Komponistentreffen

Komponistentreffen an der Orgel der Pfarrkirche

Einer Einladung von Prof. Martin Weyer, Organist an der Luther. Pfarrkirche, folgend, hatten sich einige bekannte Komponisten zu einer Gesprächsrunde zusammengefunden, um ihre Ansichten über die anstehende Sanierung der Schuke-Orgel auszutauschen.

Anwesend waren:

  • Johann Sebastian Bach (JSB)  (1685 – 1750)
  • Felix Mendelssohn Bartholdy (FMB) ( 1809 – 1847 )
  • Max Reger (MR) (1873 – 1916)
  • Olivier Messiaen (OM) ( 1908 – 1992 )
  • Moderation: Martin Weyer (MW)

MW: Sehr geehrte Herren, verehrte Meister!

Zunächst darf ich Ihnen sehr herzlich danken, daß Sie es trotz Ihrer vielfältigen Verpflichtungen im Bereich der himmlischen Musikpflege möglich gemacht haben, ein halbes Stündchen für ein Treffen an der Orgel der Lutherischen Pfarrkirche zu erübrigen. Sie alle haben der Musik und insbesondere der Orgelliteratur wundervolle und unvergängliche Werke geschenkt und vielleicht auch hier und da Gelegenheit genommen, in eines der zahlreichen Konzerte hineinzuhören, die seit Jahrzehnten an dieser Orgel stattfinden und bei denen gerade Ihre Werke immer wieder zu Gehör gebracht werden (Zwischenruf MR: A bissel öfter hättens meine Sachen schon spielen können!)

Da Sie alle diese Orgel genau kennen und dem Vernehmen nach auch gelegentlich zwischen Mitternacht und ein Uhr heimlich darauf spielen (JSB schmunzelt), möchte ich Sie fragen, welche Erfahrungen Sie mit diesem Instrument gemacht haben und welche Sanierungsmaßnahmen Sie für erforderlich halten. Gestatten Sie mir, mit meinen Fragen nach dem Alter vorzugehen. Verehrter Meister Bach, was meinen Sie?

JSB: „Zunächst einmal dies: Die Orgel hat eine gute Substanz und ist außerdem prächtig anzuschauen. Ihr Äußeres erinnert mich an die herrlichen Instrumente, die ich in meiner Jugend in Lüneburg, Hamburg und Lübeck traktiert habe. Auch der Klang hat viel von diesen Instrumenten. Ich meine aber, daß eine erneuernde Intonation und Generalstimmung vonnöten sind, damit sie wieder im Glanz ihrer Jugendjahre erstrahlen kann. Das wird eine Menge Arbeit geben, zumal dafür auch alle Pfeifen gereinigt werden müssen.“

FMB ergänzt: „Völlig Ihrer Meinung, verehrter Herr Bach. Ich möchte hinzufügen, daß auch die Traktur auf Grund des häufigen Spielens ermüdet ist. Bei den leisen Sätzen in meinen Sonaten hört man besonders das III. Manual klappern – das geht nicht. Dabei hat die Orgel gerade auf dem dritten Clavier besonders schöne und zarte Farben…“

MR (fällt ihm ins Wort:) „Und sauschwer geht’s zu spielen, wenn man es an die anderen Manuale ankoppelt! Jo mei, i verlang ja net, daß Ihr heut noch pneumatisch baut wie zu meiner Zeit, aber es is halt sakrisch schwer, selbst für meine Pfoten! Dös darf so net bleiben!!“

MW: „Maitre Messiaen, Sie sind zugleich Repräsentant für die Moderne und für die französische Orgelkultur. Wie stehen Sie zu diesen Problemen?“

OM (mit leichtem Akzent, scheint aber inzwischen Deutschunterricht genommen zu haben:)

„Zwischen dem französischen und dem deutschen Orgelbau haben schon immer gravierende Unterschiede bestanden. Mit der leichten Spielbarkeit unserer Instrumente, der Monsieur Reger zu Recht einfordert, hatten wir seit Cavaillé-Coll  (Anm.: französischer Orgelbauer des 19. Jh.s) keine Probleme mehr, aber Ihre Zungen, die Trompettes, Bombardes et Clairons sind für unsere Ohren zu mager. Das mindeste, was Sie tun sollten: Mehr Wind!“

 MW: „Plädieren Sie dafür, die Orgel mit anderen Registern auszustatten und damit klanglich umzugestalten?“

 OM: „Nein, nein – das führt zu nichts Gescheitem. Ich ´abe schon vor Jahrzehnten, seit den Messiaen-Tagen in Düsseldorf, mit deutschen Organisten erfolgreich daran gearbeitet, meine Orgelmusik klanglich zu modifizieren. Daran nimmt sie keinen Schaden.“

MW: „Vergleichbare Probleme stellen sich bei Ihren Orgelsachen, lieber Herr Reger!“

MR: „I wo, sans net so zimperlich! Schön müßt ihr spielen und mit Herz, das ist halt die Hauptsache!“

MW: „Sehen Sie, verehrter Meister Bach, und Sie, lieber Herr Mendelssohn, die Dinge ähnlich?“

JSB: „Jawohl! Der Buchstabe tötet, aber der Geist machet lebendig.“

FMB: „Ich habe auf meinen Reisen viele Orgeln ausprobiert – jede war anders. Keine Orgel kann alles, aber was sie haben muss, das ist – Charakter! Und den hat Ihre Schuke-Orgel!“ (Die anderen Herren nicken zustimmend).

MW: „Ich danke Ihnen vielmals. Dürfte ich Sie abschliessend noch zu einem Gruppenfoto bitten?“

JSB: „Nein, mein Lieber! Ich lasse mich allenfalls porträtieren, aber dafür langt die Zeit nicht.“

FMB: „Ich habe selbst recht hübsch gezeichnet, das gefiel mir besser!“

MR: „I hob ka Zeit net! Am Marktplatz bei Euch, da hat´s a feines Bier, das will ich noch probieren – bei uns da oben gibt’s ka gescheits Bier!“ (Er verläßt polternd die Orgelempore).

OM: “Ja sehen Sie, lieber Monsieur Weyer – das ist der Unterschied zwischen deutscher und französischer Orgelkultur! Ich werde mir ein Weinlokal suchen. Leben Sie wohl und lassen Sie sich alleine photographieren!“ (Alle drei folgen Reger…)

 MW: „Herr Photograph, darf ich bitten? Immerhin habe ich mir einen Schlips umgebunden!“