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Konzert am 24. Oktober 2015

Eine hoffentlich abwechslungsreiche musikalische Reise durch Europa: Auch wenn die Sonate D-Dur die kürzeste unter den sechs Sonaten ist, die Felix Mendelssohn Bartholdy 1845 veröffentlicht hatte, so demonstriert sie doch geradezu ideal dessen Personalstil. Die einleitenden Takte zeigen die ‚vierstimmige Choralgeschicklichkeit‘, die Robert Schumann an den Arbeiten seines Kollegen so bewunderte. Das Andante con moto erinnert an einen elegischen Streichersatz. Der rauschende Finalsatz mischt kam¬mermusikalisches Spiel mit improvisatorischen Elementen.

Die berühmte Arbesque, in der der junge Claude Debussy auf Schumanns Spuren wan¬delt, wurde schon bald auch für Orgel transkribiert. Die große Zahl von Grundstimmen in 8′-Lage wird dem impressionistischen Klangbild sehr nahe kommen.

Der von Geburt an blinde William Wolstenholme erreichte, gefördert von Edward Elgar, in England als Organist, Komponist und Improvisator hohes Ansehen. Die beiden kurzen Sätze stehen in der Tradition der in England beliebten romantischen Charak¬terstücke.

Der Organist Andreas Willscher lebt als katholischer Kirchenmusiker in Hamburg. Seit vielen Jahren erfreut er die Organistenwelt durch erstaunlich unkonventionelle Kompo¬sitionen, so wie in dieser kleinen Toccata, in der ein konsequent durchgehaltener 7/8-Rhythmus weder Zuhörer noch Spieler zur Ruhe kommen lässt.

Im 19. Jahrhundert war Spanien eine Art musikalische Wüste. Eine Ausnahme gab es immerhin, Hilarión Eslava, Kapellmeister an der Kathedrale von Sevilla und später Professor in Madrid, veröffentlichte, sich auf Mendelssohn berufend, ein „Museo Orgá¬nico Español“, mit dem er das Niveau des Orgelspiels in seinem Land anheben wollte. Leider ist dieses Bemühen ohne Nachfolge geblieben.

Der dänische Komponist Niels Wilhelm Gade war von Mendelssohn und Schumann gefördert worden. Nach seiner Rückkehr aus Leipzig übernahm er 1851 den Organi¬stenposten an der Kopenhagener Garnisonskirche. Im gleichen Jahr entstanden auch die „Drei Tonstücke für Orgel“. Wäre nicht die Tonartenfolge F-Dur, C-Dur und a-moll, könn¬ten die drei Stücke durchaus als Sonate gelten. Unüberhörbar ist die Nähe zu Mendels¬sohn, worüber sich denn auch der Wiener Kritiker-Papst Eduard Hanslick mokierte, Gade sei ein „in Seehundfell eingenähter Mendelssohn“. A.S.

Konzert am 25. Juli 2015

Deutsche und schwedische Orgelmusik
aus drei Jahrhunderten

Martin Weyer

Deutsch-Schwedisch? Wird nicht Buxtehude auch von Dänemark beansprucht, gehört Rheinberger nicht nach Liechtenstein? Zugegeben, aber heute gilt die Hauptwirkungsstätte als ausschlaggebend für die „Eingemeindung“, also Lübeck bzw. München (und damit verlieren wir Händel an England…).- Das Magnificat (Lobgesang der Maria) hat seit je seinen liturgischen Platz im Abendgottesdienst („Vesper“). Buxtehude reiht in bunter Folge kleine Versetten aneinander, die den liturgischen Bezug (1. Psalmton=primus tonus) weitgehend aufgegeben haben. Das gibt Gelegenheit, die klangliche Vielfalt der Orgel zu demonstrieren.- Johann Agrell, in Uppsala ausgebildet, kam 1723 nach Jesberg in die Kapelle des Prinzen Maximilian von Hessen-Kassel (dessen Bruder als Friedrich I. König von Schweden war.) 1746 ging er als Musikdirektor nach Nürnberg; dort ließ er auch viele seiner Werke im Druck erscheinen. Concerti wie das heute zu hörende – ursprünglich für Cembalo u. Streicher gedacht – wurden gerne als solistische Musik für Tasteninstrument publiziert.- Karl Hoyer, Schüler von Max Reger, wirkte an der Nicolaikirche Leipzig. Seine originellen Choralvorspiele op. 57 wurden von M. Weyer neu herausgegeben, ebenso wie das Agrell-Concerto und die gesamten Orgelwerke von Rheinberger.- H. Rosenbergs Fantasia bezeichnet den Auftakt für die moderne schwedische Orgelmusik; in der Faktur des Werkes scheint Buxtehude Pate gestanden zu haben. – Ganz der Spätromantik verpflichtet ist dagegen Lindbergs Hirtenpsalm über ein geistliches Volkslied aus der Provinz Dalarna. Das Stück hat sich, auch außerhalb Schwedens, zu einem Hit entwickelt und ist in zahlreichen Bearbeitungen erschienen. Um da auf deutscher Seite mitzuhalten, muß man Rheinbergers Cantilene bemühen, die in den letzten Jahrzehnten ähnlich erfolgreich war. – Sehr viel ernster und gewichtiger ist dagegen Rh.s Passacaglia: Seit Bachs gleichnamigem Werk (ca. 1714) war diese Gattung erloschen, erst Rheinberger hat sie hier (1882) wieder reanimiert und damit den Weg für ähnlich gebaute Variationswerke Regers, Davids u. anderer Orgelkomponisten gewiesen.