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Schuke-Orgel

Die Orgel der Lutherischen Pfarrkirche

Martin Weyer
Schaut man vom Kirchenschiff aus zur Orgel hinauf, dann ist der erste Eindruck der einer zweimanualigen Barockorgel norddeutschen Typs. Dieser Eindruck ist so falsch nicht: Im April 1721 kam der Hanauer Orgelbauer Nikolaus Schäfer mit seinen Mitarbeitern und seiner Familie nach Marburg, um mit dem Neubau einer Orgel von 28 Registern auf zwei Manualen und Pedal zu beginnen. Im Oktober 1722 war das Instrument fertig; die Bildhauerarbeiten am Gehäuse (Schnitzwerk, Engel etc.) wurden von dem Marburger Johann Friedrich Sommer ausgeführt. Wie so oft blieb auch in der Pfarrkirche von diesem Instrument nur die Fassade (der Prospekt) übrig; nach geschmacksbedingten Änderungen und technischen Reperaturen erfolgte 1912/13 ein völliger Neubau: Die bekannte Firma Walcker baute hinter der schon 1876 leicht modifizierten Fassade mit den stillgelegten (1917 für Kriegszwecke abgegebenen) Prospektpfeifen Schäfers ein modernes, pneumatisches Werk mit 45 Registern und zwei Transmissionen auf drei Manualen und Pedal. Heute würde man diese Orgel als Denkmal der „Orgelromantik“ vermutlich unter Denkmalsschutz stellen; nach dem zweiten Weltkrieg aber, im Feuereifer der „Orgelbewegung“ und im Zusammenhang mit der letzten Umgestaltung des Kirchenraumes, wurde sie entfernt. Auf der tiefergelegten Empore (die nun eine Rückführung des Prospektes auf seine originalen Proportionen erlaubte) erbaute 1968/69 Karl Schuke/Berlin eine neobarock orientierte Orgel mit 51 Registern auf drei Manualen und Pedal; 1989 kamen drei Register hinzu und 1996 wurde eine elektronische Setzeranlage eingebaut. Die fehlende Rauschpfeife im Pedal folgte 2007. Somit hat die Orgel nun 13 Register im Hauptwerk (2. Manual), 13 im Postiv (1. Manual), 13 im Pedal und 16 im Schwellwerk (3. Manual), also 55 Register. Zehn davon sind „Zungenregister“ (Trompete, Vox humana u.a.); sieben gemischte Stimmen (Mixtur, Scharf etc.), weitere sieben sog. Aliquote (Quinten, Terzen etc.). Der neobarocken Tendenz des Instrumentes entsprechend sind die Streicher deutlich unterrepräsentiert (lediglich „Schwegel 8´ im Schwellwerk). In den nunmehr 40 Jahren hat sich die Orgel, die zweifellos die meistgespielte in ganz Marburg ist, gleichwohl als erstaunlich flexibel und klanglich geradezu unerschöpflich erwiesen; hoffen wir, dass sie nicht einmal vom traurigen Schicksal ihrer Vorgängerinnen ereilt wird…

Nach der letzten, 1989 erfolgten Überholung des Instrumentes haben sich nun abermals umfassende „TÜV“-Maßnahmen als dringend notwendig gezeigt: An der sog. „Disposition“ (dem Klangcharakter) soll nichts geändert werden, wohl aber bedarf vor allem die im Laufe der Jahre arg strapazierte Spielmechanik einer Sanierung.